Der Thiestein, Molkereistraße
Bereits zu germanischer Zeit gab es in den Dörfern die Thing- und Richtplätze, wo die versammelten und gewählten Bewohner der näheren Umgebung unter Vorsitz des Gografen Gericht hielten. Den Gogräfen waren die Freien beigeordnet. Sie sollten die Volksmeinung vertreten und wirkten bei der Urteilsfindung mit. Rechtspflege war Sache des Volkes, Frauen waren ausgeschlossen. Der König war oberster Richter. Straftaten waren zu germanischer Zeit und auch später Friedbruch. Die dingpflichtigen Gaubewohner, also alle waffenfähigen Männer des Gos, wählten aus ihrer Mitte den so genannten Gografen. Die Gogerichte sprachen nicht nur Recht sondern berieten und entschieden auch in allen anderen gemeinsamen Angelegenheiten und zwar bis ins Spätmittelalter, als diese Gerichtsform in das Amtsvogteigericht überging. Jetzt hatte der Landesherr das Ernennungsrecht und berief die Amtsvögte zu Gografen. Offiziell schaffte man die Gogerichte aber erst im Jahre 1840 ab.
Thingstätten und Gerichtsplätze
Das Thing war bei den Germanen die Ratsversammlung der Vollfreien, in der jeder freie Mann seine Stimme hatte. Noch heute heißt ja das Parlament in den nordgermanischen Staaten "Thing". Es wurde früher stets unter freiem Himmel abgehalten. Über Aussehen und Anordnung des Things sind wir durch zeitgenössische Berichte genau im Bilde: Jede Gerichts- oder Volksversammlung wurde feierlich eingehegt. Pflöcke aus Haselsträuchern wurden eingeschlagen und mit Seilen verbunden. Innerhalb dieses eingefriedeten Platzes nahmen die bewaffnet erschienenen Dingleute auf Steinen oder Bänken Platz. Der häufig vorkommende Flurname "Auf den Bänken" scheint noch auf das Vorhandensein eines alten Thingplatzes hinzudeuten. Der Richter nahm auf einem erhöhten Stuhl Platz. Daraus leitet sich der Name "Freistuhl" oder "Heiliger Stuhl" ab, den Karl der Große als Gerichtsstand der freien Bewohner des Sachsenlandes ins Leben rief. Das "Thing" oder "Ding" wurde aufgehoben, indem ein Hammer - Sinnbild des Gottes Donar! - durch die Bauernschaft von Hand zu Hand ging. Dieser "Burhamer" war noch bis in jüngere Zeit in verschiedenen Ortschaften, u.a. In Talge, beim Weitergeben von Gemeindeangelegenheiten in Gebrauch. Befand sich der Beratungsort einer Bauernschaft in der Mitte des altsächsischen Urdorfes, so wurde er "Thie" oder "Tie" genannt. Der noch heute vorkommende Flurname"Burbrink" gehört zwar einer späteren Zeit an, bezeichnet aber häufig noch die Stelle, wo früher das Thing oder Tie stattfand.