Alte Schule, Kirchstraße 7
Heute Heimatstube und Treffpunkt, früher Schule
Obwohl die Landesfürsten bereits im 18. Jahrhundert die allgemeine Schulpflicht eingeführt hatten, gab es in dieser Gegend erst im 19. Jahrhundert in den meisten Dörfern eine einklassige Schule, in der Schüler unterschiedlichen Alters gemeinsam unterrichtet wurden. 1887 wurde in Sibbesse, als Haus Nr. 114, eine zweiklassige Schule gebaut.
1909 wurde zur Weiterbildung aller männlichen Schüler im Gemeindesaal der Pfarre eine Fortbildungsschule eingerichtet. Nachdem diese drei Jahre freiwillig besucht werden konnte, wurde sie 1912 durch Ortsstatut in eine Pflichtfortbildungsschule umgewandelt. Da Bergleute, die Arbeit im Kalischacht HildesiaDiekholzen gefunden hatten, mit ihren Familien auch nach Sibbesse zogen, wurden 1913/14 hier die Einrichtung einer dritten Lehrerstelle und damit ein Schulneubau erforderlich.
Da man bereits 1912 die Schoppesche Wiese gekauft hatte, konnte der Schulneubau dort errichtet werden. 1938 erwarb die Gemeinde durch Tausch des vor dem Dorf gelegenen Pfarrwitwengartens zusätzlich die angrenzende Wiese von Thöne. Dadurch wurde das Schulgrundstück stark vergrößert, was sich später beim Neubau der Mittelpunktschule als großer Vorteil herausstellen sollte. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Ortsschulaufsicht aufgehoben. Erstmals unterrichteten hauptsächlich Frauen in deutschen Schulen. 1920 wurden die letzten niederen Küsterdienste abgetreten, sodass der Küster nur noch als Organist und Lektor zur Verfügung stehen musste. Die dritte Schulstelle musste 1923 allerdings wegen geringerer Schülerzahlen und starker Ausgabensteigerung wieder aufgehoben werden.
1928 wurde die zwangsweise Verbindung von Küster- und 1. Lehrerstelle aufgehoben. Die Lehrer wurden nun bei Bedarf durch einen Privatvertrag als Organisten und Lektoren angestellt. Ein Antrag der Gemeinde Möllensen, ihre schulpflichtigen Kinder gastweise in die Schule Sibbesse aufzunehmen, wurde am 1.10.1931 genehmigt. Für jedes der zehn Möllenser Kinder musste ein Gastschulgeld von 6,00 Reichsmark monatlich bezahlt werden. Dieses Gastschulverhältnis blieb bis zur Gründung des Volksschulzweckverbandes 1965 bestehen.
1936 wurde die katholische Schule in Westfeld aufgehoben. Die katholischen, schulpflichtigen Kinder der zum katholischen Schulverband gehörenden Gemeinden Sibbesse, Westfeld, Petze und Wrisbergholzen wurden in die Volksschulen der einzelnen Gemeinden eingegliedert. Weil nun 59 evangelische und 10 katholische Kinder gemeinsam die evangelische Volksschule besuchten, wurde sie im Juli 1942 in Gemeinschaftsschule umbenannt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Schulen streng an die Parteidisziplin gebunden. Das nationalsozialistische Regime gab sich große Mühe, Kinder so frühzeitig und so vollständig wie möglich zu erfassen und in seinem Sinne zu erziehen.
Neben der Schulpflicht existierte nun die Pflicht, die Hitlerjugend bzw. den BDM zu besuchen. Wer sich dem widersetzte, musste mit erheblichen Nachteilen in der Schule rechnen. Sport war, nicht zuletzt zur Vorbereitung auf den Militärdienst, ein wichtiges Fach geworden.
Das Bild Adolf Hitlers hing in jedem Klassenraum. Lieder, Gedichte, Bilder und Aufsätze sollten die Kinder und Jugendlichen darin bestärken, den Führer zu achten und zu verehren.
Durch die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten in den Jahren 1946/47 stieg auch hier die Schülerzahl stark an. Der Schulvorstand beantragte deshalb im März 1948 bei der Schulbehörde die Besetzung der vierten Lehrerstelle. Auch die Schulspeisung wurde in diesen Jahren eingeführt.
Zum 1.10.1952 ging die alte Schule, Haus Nr. 114, aus dem gemeinsamen Besitz mit der Kirchengemeinde für 12 800 DM in den Besitz der Gemeinde Sibbesse über.
Als die Niedersächsische Landesregierung Ende der 50er Jahre beschloss, zum 1.4.1962 das 9. Schuljahr einzuführen, mussten die Schulträger klären, wo das 9. Schuljahr beschult werden sollte. Zu diesem Zweck wurde am 23.3.1962 der Volksschulzweckverband Mittelpunktschule mit Sitz in Sibbesse für folgende Gemeinden gegründet: Almstedt, Eberholzen, Grafelde, Hönze, Möllensen, Petze, Segeste, Sibbesse, Westfeld und Wrisbergholzen.
Um die Neuntklässler beschulen zu können, wurde der Konfirmandensaal gemietet. Sollte es gelingen, auch die 7. und 8. Klassen nach Sibbesse zu bekommen, wäre ein Schulneubau möglich. Als alle beteiligten Gemeinden dem zustimmten, war der Weg für die Mittelpunktschule in Sibbesse bereitet.
Das Schulzimmer
Charakteristisch für einen Klassenraum in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind ein geölter Holzfußboden, ein abwaschbarer Sockelanstrich, das Lehrerpult auf einem Podest, ein Klassenschrank mit Geräten und Medien, die zusammengeschraubten Reihen der Zweierbänke und ein Holzofen.
Die Schüler saßen hintereinander, der Lehrer meist etwas erhöht, sodass er von allen gesehen werden konnte und selbst alle im Blick hatte.
Reformpädagogische Entwicklungen betonten Eigentätigkeit und Anschaulichkeit im Unterricht, sodass die Klassenräume mit Sandkästen, Wandbildern, Lese- und Rechenhilfen ausgestattet wurden.
Die Doppelschiebetafel mit den drehbaren Tafelplatten bot gerade in Klassen mit mehreren Jahrgängen Vorteile: Texte oder Bilder konnten auf der Rückseite vorbereitet und bei Bedarf zur Klasse gedreht werden, und es war möglich, dass eine Schülergruppe von der oberen Tafel abschrieb, während mit einer anderen an der unteren etwas erarbeitet wurde.
Der Sandkasten war ein unverzichtbares Hilfsmittel im Heimatkunde- und Geographieunterricht; vor allem in der Landkartenkunde diente er zur Veranschaulichung topographischer Situationen.
Die Lesemaschine oder der "Setzkasten" zum Zusammensetzen von Silben, Wörtern oder Sätzchen aus Buchstabentafeln stand in unterschiedlichsten Formen in Grundschulklassen. Mit Hilfe dieses Gerätes konnten - für alle sichtbar - Wortauf- und -abbauübungen durchgeführt werden.